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das leben ist kein ponyhof

hallo, kreativer kopf!

heute möchte ich dich mitnehmen auf einen kleinen ausflug in mein altered book, in dem ich diese art journal seite gestaltet habe. 

nun stellt sich als erstes die frage, ob es sich überhaupt noch um ein altered book handelt, wenn man darin art journaling betreibt... aber ich bin kein freund von kuchenformen und lasse mich deshalb auch nicht gerne in eine solche zwängen. 

ich mache in meinen journals, was ich will. und das solltest du auch tun! hol doch deine farben raus und mach mit!

 

diese seite war für mich wie eine entspannende therapie nach einem sehr anstrengenden tag mit emotionen, die sich kaum beschreiben lassen. mir ist etwas sehr unfaires passiert und nichts, aber auch gar nichts, hat an diesem tag zusammen gepasst. und genau das wollte ich auf dieser seite festhalten.

es klingt etwas abstrus, aber ich habe mir eine seite in meinem altered book ausgesucht, in einer farbe, die ich absolut hasse: pink. das muster ist zwar toll, aber diese farbe... ein graus!

zuerst dachte ich, das kann nur der falsche weg sein, schließlich ist doch das ziel, sich hinterher wohler zu fühlen, und eine art problembewältigung zu betreiben, wie kann das geschehen, wenn ich versuche, mit dieser grausigen seite etwas anzufangen?

jedoch war gleichzeitig der gedanke da, dass ich etwas erschaffen möchte, das nicht zusammen passt, sich komplett widerspricht, so wie die tatsachen und emotionen an diesem tag. also konnte es keine andere seite sein, als diese, die die richtige für dieses projekt war. 

 

auf meinem tisch waren nun die folgenden materialien:

- die doppelseite in meinem altered book

- weißes gesso

- pinsel in verschiedenen größen

- ein glas wasser

- stabilo all pen in schwarz

- acrylfarben von winsor & newton:

  • gelber ocker
  • winsorblau
  • karmin
  • kadmiumrot
  • titanweiß
  • siena gebrannt
  • marsschwarz

- mittelgroßer malspachtel

- blumenschablone

- verschiedene maritime kleinteile aus einem scapbooking block

- weißer korrekturstift

- klebestift

als erstes habe ich die buchseite links mit einer sehr dünnen schicht weißem gesso grundiert. so lässt sich alles weitere leichter auftragen und vor allem auch die dann folgende scrapbookpappe leichter aufkleben. diese sollte der seite ein bisschen mehr struktur verleihen ohne, dass ich weitere flüssige medien auftragen musste. 

 

natürlich kann man auch papiere collagieren, die man hinterher noch durchscheinen sieht. besonders am rand finde ich das immer sehr schön und es macht eine fragile buchseite auch etwas stabiler. 

 

für diesen schritt hätten sich auch gut geeignet: zeitungspapier, schnittmusterbögen, butterbrottüten, teebeutel, magazinseiten, notenpapier...

ich hatte extra diese maritimen elemente ausgewählt, da mir der satz "das leben ist kein ponyhof" von anfang an im kopf herum schwirrte und fische, möwen usw. für mich in dem moment das größte gegenteil zu pony darstellten. 

 

wie ich da also so vor mich hin collagiere und das gesso auf der seite verteile, fange ich unbewusst an, die seite des buches zu lesen (frag mich bitte nicht, warum). und was steht da plötzlich?

 

SEA GARDEN

 

wenn mir das vielleicht mal jemand erklären könnte... und das ist nicht das erste mal, dass mir das passiert!

ein zeichen? ein zeichen!

also habe ich im nächsten schritt eine mischung aus titanweißer und kaminroter acrylfarbe mit dem finger aufgetragen und in kreisenden bewegungen um den rand der seite verteilt. nicht, dass hier einer denkt, ich bin farbenblind, das ziel war nicht, das pink der gegenüberliegenden seite zu treffen, sondern eine farbe zu mischen, die sich mit dem pink beißt, so wie sich meine gedanken an diesem tag gebissen und gestritten haben. 

 

auch wenn das später nur im hintergrund sichtbar sein würde, so wollte ich doch diesen effekt des abstrusen erreichen. 

 

außerdem habe ich mit weißer acrylfarbe grob die größe und position des gesichts angedeutet, das ich später auf die seite malen wollte. 

mit dem schwarzen stabilo all pen habe ich dann die outlines des gesichts gemalt. ich finde diesen stift einfach fabelhaft für solche angelegenheiten. du kannst damit klare konturen malen, skizzieren und das alles auf beinahe jedem untergrund. das teil schreibt sogar auf glas! und: der stift ist wasserlöslich, was natürlich ein riesen vorteil ist, wenn du später noch etwas ändern willst oder die kanten zu hart sind. einfach mit wasser verwischen, aus die maus.

 

auch schattierungen lassen sich hiermit hervorragend ausblenden. ich habe für meine seite sogar den mund und die nase mit diesem stift vorgezeichnet. du kannst auch mit acrylfarbe darüber malen, bedenke jedoch, dass der stift sich dann mit deiner farbe vermischt. 

 

als ich die kontur des auges aufgemalt hatte, habe ich schon gemerkt, das etwas nicht stimmt. ich wusste an dieser stelle aber nicht so recht, was. 

 

also habe ich mich zuerst einmal um die haare gekümmert. auch hier habe ich wieder dieses krasse rot verwendet, diesmal aber pur, um noch mehr sich beißende farben unterzubringen. 

 

die haarfarbe der dame ging von weiß über hellblau zu dunkelblau... ich habe gleich mehrere farben auf den pinsel aufgenommen und sie beim malen miteinander vermischt. 

 

für den hintergrund habe ich diese zwei knubbel gewählt. ich wusste, dass ich später etwas darüber schablonieren wollte, aber je interessanter der hintergrund... du weißt schon.

auch für die gesichtsfarbe habe ich einen ton benutzt, der völlig unnatürlich aussieht und den ich normalerweise so niemals verwenden würde. an diesem punkt habe ich wirklich nicht daran geglaubt, dass etwas bei der ganzen sache heraus kommen würde, das mir gefällt. 

 

aber so war der ganze tag. all dieser schrott, der mir auf der seele brannte, ergoss sich plötzlich auf diese seite. es klingt kitschig, schwülstig, und vielleicht war es das auch, aber es hat so gut getan, ich kann es gar nicht in worte fassen. 

 

und komischerweise habe ich keine einzige pause gemacht. normalerweise gehe ich von meinen bildern zwischendurch auch mal weg, betrachte sie nach einer weile wieder und bekomme so einen neuen blick und neue ideen. 

aber das hier war anders. fast wie ein kampf zwischen: "das wird so nichts" und "aufgeben ist keine option". 

 

letzteres hat schließlich die oberhand bekommen und mich zum weitermachen, ja ich möchte fast sagen, gezwungen. 

 

eine mischung aus siena gebrannt und winsorblau ergab schließlich eine art olives lindgrün, meine absolute lieblingsfarbe. und ob du es glaubst oder nicht, das war eigentlich gar nicht so beabsichtigt, aber ich hatte die farben direkt auf meiner malunterlage gemischt und plötzlich war es passiert. ich bin mit dem pinsel abgerutscht und so zu dieser mischung gekommen...

 

noch ein zufall? oder die magie des art journalings?

und dann? die katastrophe mit dem AUGE.

 

ich kann dir nicht sagen, wie viele augen ich in den letzten monaten geübt habe. mit bleistift, mit farbigen stiften, digital usw. aber mit acrylfarbe ist es jedes mal so , dass ich nach den ersten pinselstrichen weiß, ob es klappen wird oder nicht.

drei mal drafst du raten....

 

es war nicht nur an der falschen stelle, sondern auch zu groß und irgendwann hat es einfach nur noch furchbar müde und abartig ausgesehen. vielleicht so wie ich, an diesem tag?!

 

technisch lag das problem darin, dass ich es aufgrund des stabilo all pens nicht übermalen konnte. das hätte nichts anderes ergeben als eine weitere (graue) katastrophe.

doch dann, plötzlich ein mac gyverartiger geistesblitz. 

collage! junk journal! art journaling! alles erlaubt!

also habe ich kurzerhand einer dame aus einem magazin mit (zum glück) matten seiten ein auge amputiert. 

 

bevor ich es jedoch über mein misslungenes auge geklebt habe, habe ich mit meiner blumenschablone und der restlichen farbe vom tisch schabloniert. 

 

auch hier habe ich mehrere farben gleichzeitig auf meinen malspachtel aufgenommen und beim auftragen auf die schablone mehr oder weniger vermischt. 

 

das habe ich so noch nie gemacht, aber ich finde, das ergebnis kann sich sehen lassen.

das hat sich der herr des hauses offensichtlich auch gedacht, denn plötzlich kam er angeschossen, das handy gezückt und hat fotografiert. aber halt! was zum geier fotografiert der da?

nungut, zurück zum AUGE.

 

nachdem ich den schnipsel an der richtigen stelle aufgeklebt hatte (übrigens mit einem normalen pritt stift), habe ich ihn mit dem stabilo all pen umrandet und dann diesen rand ausgeblendet. das hebt den schnipsel etwas hervor und lässt ihn aus der seite heraus stehen. ich finde, dadurch kommt der effekt der collage ganz schön zur geltung. 

 

die schablonierten blumen habe ich zwischendurch immer wieder mit einem fön getrocknet, denn die schablone, die ich verwendet habe, ist relativ klein und passte nicht über die ganze seite. dabei muss man ein bisschen aufpassen, denn acrylfarbe macht manchmal einen trockenen eindruck, obwohl sie noch feucht ist. 

nachdem ich dann meine maritimen scrapbook elemente angeordnet und aufgeklebt hatte, habe ich mit einem weißen korrekturstift noch ein paar gepunktete linien hinzugefügt. mir war danach, das gesicht noch etwas "konfuser", irgendwie zerstörter aussehen zu lassen. 

 

schließlich kam dann noch der spruch "das leben ist kein ponyhof" auf die verhasste pinke seite und... taddaaaa. fertig. 

 

und wieder einmal die erkenntnis: die einzige person, die zufrieden sein muss, bist du selbst. 

 

und so war es. 

vielen dank, dass du heute hier warst! bis zum nächsten mal!

Luise

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Kommentare: 2
  • #1

    Judy Neubert (Freitag, 22 Mai 2020 17:43)

    The more I look at these papers the more I love them!

  • #2

    Bollenhut Art (Samstag, 23 Mai 2020 08:36)

    Es ist unglaublich, wie sich die Seite mit dem, in Deinen Augen katastrophalen Auge, verändert hat. Du hast soviel neue Dinge versucht... Pink zu verwenden, mit verschiedenen Farben zu schablonieren, nicht passende Farben im Gesicht zu benutzen, ohne Pause zu arbeiten....
    DAS WAR WIE THERAPIE FÜR DICH SELBST ���